Bundesregierung spart bei Diskriminierungsschutz
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes muss nach Plänen der Bundesregierung im kommenden Jahr mit 13 Prozent weniger Geld auskommen.Der Etat der 2006 eingerichteten Anlaufstelle für Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, sinkt damit um über 350.000 Euro auf 2,5 Millionen Euro. Das hat die Regierungskoalition im Haushaltsausschuss beschlossen. Schwarz-Gelb hat bereits zum dritten Mal in dieser Legislaturperiode die Mittel für die Antidiskriminierungsstelle gekürzt.
Heftige Kritik an der Kürzung kommt aus der Opposition. So wirft der SPD-Abgeordnete Rolf Schwanitz der Bundesregierung vor, die Antidiskriminierungsstelle "systematisch kaputt" zu sparen: "Durch die geplanten Kürzungen wird die Aufklärungsarbeit der ADS hier nun kaum noch möglich sein", befürchtet Schwanitz. Er wirft der Regierung vor, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz durch Kürzungen zu unterlaufen: "In Sonntagsreden vermitteln die Politiker der Koalition gern den Eindruck, dass sie sich gegen Diskriminierung einsetzen. In der Praxis sieht das jedoch anders aus", erklärte Schwanitz.
Andreas Mattfeld, CDU-Mitglied im Haushaltsausschuss, verteidigte in der "Süddeutschen Zeitung" die Kürzungen. Die Mittel zur Öffentlichkeitsarbeit seien überdimensioniert, erklärte der Abgeordnete aus Niedersachsen - im kommenden Jahr stehen der Stelle lediglich 150.000 Euro für diesen Posten zur Verfügung. Außerdem habe die ADS die Mittel bislang nicht ausgeschöpft, so Mattfeld. ADS-Leiterin Christine Lüders erklärte dagegen, dass die Stelle Rücklagen für anstehende Projekte bilden müsste. So gibt es 2012 einen thematischen Schwerpunkt beim Thema Altersdiskriminierung.
Die Antidiskriminierungsstelle wurde mit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gegründet. Ihre Aufgabe ist es, diskriminierte Menschen zu beraten, die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren und Forschungsarbeit zu betreiben. Die Einrichtung war nie ein Wunschkind der Regierungsparteien Union und FDP: Beide Fraktionen opponierten 2005 gegen den rot-grünen Gesetzentwurf - und schreckten auch nicht vor Nazi-Vergleichen zurück: So sagte der damalige CDU-Generalsekretär und jetzige Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder, dass es in der NS-Zeit auf die richtige Rasse, in der DDR auf die richtige Klasse und bei Rot-Grün auf die "korrekte politische Einstellung" ankommen würde. Der rot-grüne Gesetzentwurf scheiterte wegen der Neuwahlen. Weil EU-Richtlinien jedoch Antidiskriminierungsrichtlinien im nationalen Gesetz einforderten, setzte ein Jahr später setzte die Große Koalition ein abgespecktes Gesetzespaket um.
Immer wieder haben Gegner des Gesetzes versucht, die Antidiskriminierungsrichtlinien zu unterlaufen. Sogar die erste ADS-Leiterin Martina Köppen hat selbst davor gewarnt, dass Diskriminierungsschutz der Wirtschaft schade. Erst ihre Nachfolgerin Christine Lüders forderte seit 2010 auch die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben in der Politik ein. Zuletzt hat die schwarz-gelbe Koalition erklärt, sie wolle das Gleichbehandlungsgesetz nicht ändern, um die Entlassung von Menschen wegen ihrer HIV-Infektion zu verhindern.
Quelle(n) queer.de